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Das ISSB: Ein Wendepunkt in der ESG-Berichterstattung

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Eilmeldung: Reaktionen auf die Ankündigung des ISSB
6 min Lesezeit
AUTOR:
Andromeda Wood
Vice President of Regulatory Strategy
Veröffentlicht am 6. November 2021
Last Updated: 25 April 2023

Update Mai 2022

Das International Sustainability Standards Board (ISSB) hat eine Konsultation zu seinen ersten beiden vorgeschlagenen Standards gestartet:

Die Vorschläge bauen auf den Empfehlungen der Task Force on Climate-Related Financial Disclosures (TCFD) auf und übernehmen branchenbezogene Offenlegungsanforderungen aus den Standards des Sustainability Accounting Standards Board (SASB). Der ISSB bittet um Rückmeldungen bis Ende Juli 2022 und beabsichtigt, die Rückmeldungen zu prüfen und bis Ende des Jahres neue Standards zu veröffentlichen.

Darüber hinaus hat das ISSB um Kommentare gebeten, um die Entwicklung der International Financial Reporting Standards' (IFRS) Sustainability Reporting Taxonomyzu unterstützen. Ihr Ziel ist es, den "digitalen Konsum von Nachhaltigkeitsinformationen von Anfang an zu berücksichtigen." Die Antworten auf die Bitte um Rückmeldung müssen bis zum 30. September 2022 eingehen.

Ursprünglicher Artikel

Die Ankündigung des International Sustainability Standards Board (ISSB) auf der COP26 im November 2021 hat nicht nur Wellen geschlagen: Für alle, die sich mit der Berichterstattung über Umwelt, Soziales und Unternehmensführung (ESG) beschäftigen oder daran interessiert sind, war die Nachricht eine Flutwelle. Die Auswirkungen, die ISSB haben wird, und der Wandel, den es darstellt, können nicht unterschätzt werden. Das ist eine große Ankündigung, aber in Zeiten, in denen ESG eine große Rolle spielt, sollten wir vielleicht nicht allzu überrascht sein. 

Die Entwicklung von weltweit anerkannten Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung ist an sich schon eine große Neuigkeit — auch wenn wir damit gerechnet hatten. Weniger deutlich waren die Pläne vor der COP26-Konferenz, die Value Reporting Foundation (eine kürzlich aus der Fusion von SASB und dem International Integrated Reporting Council gegründete Organisation) und das Climate Disclosure Standards Board (CDSB) zum ISSB zu bündeln. Schon seit Jahren bestehen Forderungen nach einer Konsolidierung der vielfältigen Landschaft im Bereich der ESG-Standards. Dass diese Konsolidierung jetzt tatsächlich vollzogen wird, ist wirklich bemerkenswert und eine hervorragende Nachricht für Unternehmen, Anleger und die Gesellschaft als Ganzes. 

Für all die Komplexität, die im Bereich der ESG-Berichterstattung besteht, wird das ISSB kein Allheilmittel sein. Das Ausmaß der Aufgabe wird in Zukunft genauso groß sein wie bisher. Doch das ISSB wird einheitliche Standards für Organisationen auf der ganzen Welt schaffen. Dadurch wird die Zuordnung zu den verschiedenen Rahmenwerken deutlich reduziert, und die damit verbundenen mühsamen Faktoren des Berichterstattungsprozesses werden vereinfacht. Die von der International Finance Reporting Standards (IFRS) Stiftung geschaffene Technical Readiness Working Group (TRWG) hat den ersten Prototyp der Offenlegungsanforderungen und den Zeitplan für die Arbeiten vorgestellt. Sechs weitere Ergebnisse aus dieser Gruppe sind bereits für die Übergabe an das ISSB geplant. Daher sind in den kommenden Monaten weitere Details zu erwarten. 

Die Gewissheit, dass der ISSB nicht bei Null anfangen wird, ist eine willkommene Erleichterung für die Unternehmen. Zusammen mit der umfangreichen Arbeit, die durch die Konsolidierung, die SASB-Standards, das Integrated Reporting Framework und das CDSB Framework eingebracht wurde, werden sie auf der Arbeit anderer führender Unternehmen im Bereich der Nachhaltigkeitsregulierung aufbauen, wie z.B. auf den vom TCFD entwickelten Standards. Die TCFD ist Teil der TRWG, und ihre Empfehlungen bildeten die Grundlage für den ersten Klima-Prototyp der TRWG. 

Die auffällige Abwesenheit der Global Reporting Initiative (GRI) in dieser Gruppe ist kein Grund zur Beunruhigung. So hat die GRI im Anschluss an die Gründung des ISSSB folgende Erklärung veröffentlicht: "Die GRI ist bereit, sich zusammen mit der IFRS-Stiftung für dieses Ziel einzusetzen. Wir freuen uns darauf, mehr über die Aufgaben und den Umfang ihrer neuen Unternehmungen zu erfahren und an der Entwicklung des vorgeschlagenen Klimastandards mitzuwirken." Wir stehen am Anfang einer spannenden und unglaublich nützlichen Reise. Im Laufe der Zeit werden wir mehr über die Pläne erfahren. 

Nach und nach werden wir uns auch ein genaues Bild davon verschaffen, in welchen Ländern der Standard übernommen wird. In einer von der britischen Regierung veröffentlichten Erklärung werden 38 Länder auf sechs Kontinenten genannt, die ein Schreiben unterzeichnet haben, mit dem sie die Ankündigung begrüßen, darunter Brasilien, China, die Europäische Kommission und die Vereinigten Staaten. 

Letztendlich führt all diese Zusammenarbeit und Konsolidierung dazu, dass Unternehmen nicht mehr im Dunkeln durch ein Labyrinth bestehender Messrahmen, Vorgaben, Protokolle, Rankings, Indizes und Standards navigieren müssen. Sie können den vor ihnen liegenden Weg klar erkennen und haben die Gewissheit, dass sie über ihre derzeitige Situation hinaus gehen können.   

Aktuell ist das schiere Volumen freiwilliger Anleitungen rund um ESG-Offenlegungen überwältigend, komplex und verwirrend. Trotz bestmöglicher Absichten wird die ESG-Berichterstattung für Unternehmen, Anleger und Stakeholder gleichermaßen aufgrund der momentan verfügbaren Vorgaben eher undurchsichtig. Eine einzige Reihe weltweiter Standards kann hier für die nötige Klarheit sorgen. Sicherlich wird diese Aufgabe nicht leicht sein. Doch mithilfe von Finanzteams, die im Berichtsprozess einen entscheidenden Beitrag leisten, wird es möglich sein, transparente ESG-Berichte zu liefern, denen die Anleger vertrauen. 

Die Kapitalmärkte können eine entscheidende Rolle dabei spielen, das Ziel der Netto-Null-Emissionen zu erreichen. Voraussetzung dafür ist aber, dass bei der Erstellung von Nachhaltigkeitsinformationen die gleiche Konsequenz, Qualitätssicherung und globale Vergleichbarkeit wie bei Finanzinformationen zum Tragen kommen.

Erkki liikanen

Vorsitzender der Stiftung International Financial Reporting Standards (IFRS) anlässlich der Ankündigung des ISSB auf der COP26-Konferenz 

Transparenz darf nicht schwer zu erreichen sein. Anleger brauchen Zugang zu Informationen, mit denen sie die Nachhaltigkeitsleistung von verschiedenen Unternehmen miteinander vergleichen können. Sie müssen eindeutig verstehen, wie die Leistung eines Unternehmens mit seiner Wertschöpfung zusammenhängt. Ohne dieses Wissen ist es fast unmöglich, fundierte Geschäfts- und Investitionsentscheidungen zu treffen, die mit den weltweit akzeptierten Klimazielen in Einklang stehen. 

Eine einheitliche Reihe von Standards ist jedoch nicht der einzige Schlüssel zu Vertrauen. Für Finanzinformationen gelten in der Regel auch strengere Kontroll- und Sicherungsanforderungen sowie klare Freigabe- und Zuständigkeitslinien. Regionale Gesetze und Vorschriften werden hier ebenfalls eine wichtige Rolle spielen. 

Das ISSB ist keine umfassende Neuerfindung im gesamten ESG-Berichtsprozess. Das ISSB wird auch nicht die Richtlinie über die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen (CSRD) und die damit verbundenen EU-Standards ersetzen, auf die sich Unternehmen europaweit vorbereiten, sondern sie ergänzen. Die Europäische Kommission hat erklärt, dass „die vorgeschlagenen EU-Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung auf den weltweiten Standardisierungsinitiativen aufbauen und dazu beitragen.“ Auch wenn sich mit dem ISSB die enorme Menge an Daten und Datenerhebungen, die für die Erstellung eines ESG-Berichts erforderlich sind, kaum verringern dürfte, so wird der ohnehin schon komplexe Prozess dadurch zumindest nicht weiter erschwert. 

Die vom ISSB versprochene Einfachheit und die damit verbundene Sicherheit werden Anreize für Unternehmen schaffen, ESG-Berichte zu erstellen, die den Erwartungen der Anleger entsprechen. Tatsächlich wird es einige Zeit dauern wird, bis die Unternehmen ihre Prozesse zur ESG-Berichterstattung durchgängig umgestellt haben. Im Vorgriff auf die verpflichtende Anwendung der CSRD arbeiten viele von ihnen bereits an der Umsetzung. Ihr Hauptaugenmerk wird nun darauf liegen, dass die Umstellungen einfach und reibungslos verlaufen. Dazu müssen sie ihre aktuelle Organisation neu bewerten und nicht allzu sehr auf den Einsatz der bestehenden, fest einprogrammierten Lösungen beharren. 

Im Forbes-Magazin wurde die Gründung des ISSB als „größte Veränderung in der Konzernberichterstattung seit den 1930er Jahren“ bezeichnet. Und damit sollen nicht bloß zusätzliche Klicks generiert werden. Es ist nämlich nicht übertrieben. Sondern einfach nur die Wahrheit. Unternehmen und insbesondere ihre Berichtsteams werden diese Ankündigung zu Recht feiern. Denn sie hatten mit erheblichen Schwierigkeiten zu tun. 

Die IFRS haben dafür gesorgt, dass das ISSB wirklich etwas bewirkt: Es handelt sich nämlich um das Standardisierungsgremium, mit dem diese Schwierigkeiten endlich überwunden wurden. Natürlich ist den Unternehmen bewusst, dass eine Menge Arbeit vor ihnen liegt. Langfristig bedeuten die Signale von der COP26-Konferenz aber, dass ein Wandel bevorsteht, dass globale Standards kommen und dass die ESG-Berichtsstandards konsolidiert und weltweit vereinheitlicht werden – und damit sind sie ein guter Grund für ein Gefühl der Erleichterung. 

Über den Autor
Bild Andie Wood
Andromeda Wood

Vice President of Regulatory Strategy

Andromeda „Andie“ Wood ist Vice President for Regulatory Strategy bei Workiva. Ihr Wissen über die Technologie- und Regulierungslandschaft in Europa setzt sie ein, um das Voranbringen der EMEA-Strategie zu unterstützen und das Wachstum der Region zu voranzutreiben. Sie ist Expertin rund um die Themen Datenmodellierung, Taxonomiedesign und die Rolle der Technologie in der Unternehmensberichterstattung.

Andie ist erfahren in der Datenmodellierung und der semantischen Modellierung und trägt auch auf internationaler Ebene zum XBRL-Standard bei. Sie bringt eine Fülle von Kenntnissen und ein grundlegendes Verständnis für die Auswirkungen der EU-Transparenzrichtlinie und der Richtlinie über die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen (CSRD) auf globale Unternehmen mit. Andie ist außerdem Mitglied des XBRL International Inc. Best Practices Board und ist Mitvorsitzende der XBRL Entity-Specific Disclosure Task Force.

Zuvor war sie Senior Technical Manager der IFRS Foundation, die bei der Entwicklung der IFRS-Taxonomie und -Standards mitwirkte. Sie war als technische Expertin bei Ernst & Young, einem globalen Wirtschafts- und Beratungsunternehmen, tätig.

Andie ist eine gefragte Rednerin, wenn es um Technologietrends für die Konzernberichterstattung geht, und veröffentlicht verschiedene Artikel zu XBRL, ESG, ESEF sowie zur digitalen Transformation der Unternehmensberichterstattung. Außerdem hat sie eine Kolumne für Accountancy Today über die Auswirkungen von Technologie und COVID geschrieben. Sie hat einen Bachelor-Abschluss in Biowissenschaften am St Catherine's College der Oxford University.

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